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Marc BLEUSE

Marc BLEUSE

Marc Bleuse wurde am 23. Februar 1937 in Niort geboren und verbrachte einen Teil seiner Kindheit in der Vendée bei seinem Großvater mütterlicherseits, dessen Familie während der Französischen Revolution aufseiten der Chouans, der royalistischen Aufständischen, gegen die Revolutionsregierung kämpfte. Den Traditionen dieses Landstrichs bleibt er zeit seines Lebens sehr verbunden. Von seinem Vater, der aus Nordfrankreich stammte und Wissenschaftler war, bekam Bleuse nur wenig mit: Im Zweiten Weltkrieg musste er von zu Hause fort und starb bereits im Jahr 1949. Bleuses Mutter spielte gut Klavier und machte regelmäßig Kammermusik mit Violinisten wie Cecilio Goerner, Léon Ziguera und später André Le Métayer, was zweifellos den musikalischen Sinn des Sohnes weckte. Er bekam mit sechs Jahren den ersten Klavierunterricht (was allerdings kriegsbedingt etwas chaotisch verlief).
Während seiner klassischen Ausbildung an der Jesuitenschule Collège Saint-Michel in Saint-Étienne begann sich Marc Bleuse ernsthaft mit Musik zu befassen und nahm Unterricht bei Marcel Paponaud (Orgel) und Charles Montaland (Tonsatz) am Konservatorium von Lyon. Als 17-Jähriger gründete er einen Dorfchor und gab Musikunterricht, um zum Unterhalt der Familie beizutragen – eine Erfahrung, die für seinen beruflichen Werdegang zweifellos prägend war. Seinen Chorsängern brachte er das polyphone Repertoire der Renaissancemusik nahe und schreckte auch nicht davor zurück, Volkslieder zu harmonisieren, um Mitglieder für seinen Chor zu gewinnen.
Trotz seiner Verpflichtung als Miternährer der Familie beschloss Marc Bleuse im November 1961, an die Militärakademie von Cherchell in Algerien zu gehen; dort kämpfte er bis zur Unabhängigkeit des Landes in einem Krieg, der für die „Aufrechterhaltung der Ordnung“ geführt wurde, wie es damals schlicht offiziell hieß …
Nach seiner Rückkehr machte er die Aufnahmeprüfung am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris; er studierte Kontrapunkt und Fuge bei Simone Plé und zwei Jahre später Komposition bei André Jolivet. Während seines Studiums arbeitete er als Musiklehrer der Stadt Paris und war als Organist und Chorleiter in der Kirche Notre-Dame de Grâce im 15. Arrondissement tätig. Er gründete ein Kammerorchester mit befreundeten Kommilitonen und einen Studentenchor und führte zahlreiche Konzerte mit ihnen auf. Als Dirigent betätigte er sich auch bei den Examensprüfungen der Solisten Anne-Claude Villard, Simone Feyrabend, Thérèse Pollet, Odile Poisson (sie gründeten später das Quartett „Quatuor Élyséen“), Jean-Jacques Kantorov, Brigitte Tournus, Claude Maindive, Elisabeth Balma und einigen anderen.
Das erste Werk, das veröffentlicht wurde, trug den Titel Lauda Sion, Alleluia und war ein Stück für gemischten Chor, Blechblasinstrumente und Pauken, das 1967 in der Reihe „Plein Jeu“ bei Heugel erschien. Bleuse sollte später noch einige Male religiös inspirierte oder liturgische Texte verwenden: Le chemin de croix (Auszüge aus dem Bréviaire poétique von Paul Claudel; UA Festival d’Art Sacré, Paris 1983); Alors le paradis … (UA Groupe Vocal de France, Saint-Louis en l’Ile 1986); Femme (Auszug aus dem Hohelied; UA Festival du Comminges, 1995).
Nach seinem Studium am Pariser Konservatorium erlangte Bleuse 1969 einen Abschluss als staatlich geprüfter Musikschulleiter und wurde als Leiter der École Nationale de Musique nach Perpignan berufen. Er baute die Schule erheblich aus, stellte ein Programm mit sinfonischen und gesanglichen Darbietungen auf die Beine und öffnete die Schule für das zeitgenössische Repertoire. 1972 konnte er André Jolivet als Dirigent für ein Konzert französischer Musik gewinnen; auf dem Programm standen Symphonie de Danses von Jolivet, Octandre von Edgar Varèse, eine Sinfonie von Georges Bizet und die Cantate des Komponisten.
1973 dirigierte Marc Bleuse Beethovens Oper Fidelio in einer Inszenierung von Jean Deschamps. Er heiratete Anne Fondeville, eine junge Sopranistin, die die Rolle der Marcelline gesungen hatte. Zum Gedenken an seinen Lehrer André Jolivet, der 1974 verstarb, schrieb Bleuse Koïmeterion, ein Werk für Streichorchester, das seit seiner Uraufführung mit dem Kammerorchester Louis Auriacombe mehrfach in Frankreich und im Ausland gespielt wurde. 1975 berief ihn Marcel Landowski auf Empfehlung von Jacques Charpentier an die Musikaufsichtsbehörde „Inspection de la Musique“. Im Rahmen dieser Tätigkeit besuchte er fast alle staatlichen Musikschulen Frankreichs. Diese zweite Pariser Periode dauerte bis April 1990 an. Bleuse schrieb denn auch die meisten seiner Kompositionen in seinem Haus in Boulogne-Billancourt.
1980 wurde der Komponist zum Generalinspektor für den Musikunterricht ernannt. Von Januar 1984 bis November 1986 hatte er die Leitung des Pariser Konservatoriums inne und leitete eine Modernisierung der noch dem 19. Jahrhundert verhafteten Institution ein. Er reformierte insbesondere den Unterrricht in den Fächern Gesang, Orchesterspiel und Komposition. Er führte den mehrstimmigen Gesang (oder alternativ den Cantus planus) als Pflichtfach für Instrumentalisten ein; später wurde auch eine Klasse für gregorianischen Gesang eingerichtet. Außerdem führte er Aufbaukurse für alle Fächer ein und förderte die Gründung von Streichquartetten.
Parallel dazu wirkte Marc Bleuse an den Planungsarbeiten zum Parc de la Villette mit und war bei der Realisierung der Cité de la Musique neben Pierre Boulez der wichtigste Ansprechpartner des Architekten Christian de Portzamparc. Während dieser sehr intensiven Zeit in beruflicher Hinsicht wurde Bleuse in die Sowjetunion eingeladen, um das Kammerorchester des Tschaikowsky-Konservatoriums in Moskau und das Philharmonische Orchester in Minsk zu dirigieren.
Bei den Éditions Billaudot erschienen zahlreiche Instrumental- und Vokalwerke sowie sein Concerto pour violon et cordes (1983) in einer Einspielung mit dem Violinisten Tibor Varga; das in Frankreich und im Ausland häufig gespielte Stück wurde unter anderem von den Violinisten Jean-Claude Bernède, Devy Erlih, Patrice Fontanarosa, Pierre Amoyal, Sergueï Kravchenko und Alain Moglia interpretiert.
Der Vater eines Mädchens namens Anne aus erster Ehe hat drei Kinder mit seiner Frau Anne Fondeville, die alle drei eine professionelle Musikerkarriere einschlagen werden: Emmanuel (Violoncello), Pierre (Violine) und Jeanne (Klavier).
Im November 1986 wurde Bleuse von Kultusminister François Léotard zum Nachfolger von Maurice Fleuret als Direktor für Musik und Tanz ernannt. In seiner zweijährigen Amtszeit führte er seine Politik zugunsten des Streichquartetts fort, ein Einsatz, der insbesondere den Streichquartetten Parisii, Manfred und Ysaÿe zugute kam. Letzteren widmete er sein jüngstes Streichquartett (1995), das vor kurzem veröffentlicht wurde.
Ab 1990 führte Marc Bleuse seine Tätigkeit in Toulouse fort. 1993 wurde sein Cellokonzert („Concerto pour violoncelle“), eine Auftragsarbeit für Radio France, mit dem Orchestre National du Capitole de Toulouse und Michel Strauss als Solist unter Michel Plasson uraufgeführt.
Bei der Musik von Marc Bleuse, die bedauerlicherweise an einem gewissen Empirismus krankt, dürfte man kaum von einer Schule sprechen. Sie ist dennoch untypisch – genauso wie Bleuse selbst, der stets seine Distanz zu den Musikströmungen der Avantgarde betonte –, und sein Kompositionsstil, der Tonalität und Klangfarben bevorzugt, hält weniger am Konzept der Sprache als am Konzept des Vortrags fest. Die wenigen Kritiken zu seiner Musik unterstreichen den poetischen, ausdrucksstarken Charakter seines Œuvres. Nach dem Besuch eines Carte-blanche-Konzerts 1984 in Boulogne, dessen Programm Marc Bleuse frei gestaltete, schrieb ihm Maurice Fleuret: „Ihr Paradis mochte ich sehr, Ihr Astéroïde vielleicht sogar noch mehr, weniger dagegen Ihr Konzert in Bartók’scher Manier, trotz seines Melodienreichtums und der hervorragenden Instrumentierung.“

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