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Stephane BORTOLI

Stephane BORTOLI

Stéphane Bortoli wurde 1956 geboren. Er war unter anderem Schüler von Claude Baillif, Alain Bancquart und Marius Constant am Conservatoire National Supérieur de Musique (CNSM) in Paris und schloss sein Studium als Jahrgangsbester im Fach Komposition ab. Später verfeinerte er seine Kenntnisse bei Lehrern wie Iannis Xenakis, Luciano Berio, Franco Donatoni und Eliott Carter (nicht zu vergessen Vlado Perlemuter, Alain Neveux und Jean-François Heisser im Fach Klavier).
Seine Neugierde trieb ihn auch nach Basel zwecks Studiums der Partituren von Maderna und nach Banff in Kanada, wo er (mit Unterstützung des Pariser CNSM und der Fondation Sasakawa) als Gastkomponist weilte. Er wurde mit zahlreichen Preisen belohnt: Stéphane Chapelier Clergue Marie (1992), Georges Enesco (1995), Paul-Louis Weiller (1996) und Georges Bizet (1997).
Heute unterrichtet Bortoli Komposition, Tonsatz und Analyse an der École Nationale de Musique in Mantes-la-Jolie.
In seinem 33. Lebensjahr vollendete Stéphane Bortoli die Partitur seines ersten bekannten Orchesterwerkes. Dans la nuit, das von der UNESCO ausgezeichnet wurde, tut sich durch einen sparsamen Gestus hervor. Vielleicht ist es sogar nur eine einzige Gebärde, wie eine aufsteigende Leiter, die Stück für Stück gefertigt wird, bis zu ihrer Entfaltung, dem Öffnen eines Fächers gleich. Die äußerste Dichte des Ausdrucks, die Tatsache, dass die Begleit- oder Schmuckfiguren schwer von den Hauptakkorden zu unterscheiden sind, und auch, dass die der Partitur zugrunde liegende Gebärde niemals den Höhepunkt erreicht, auf den ein logisches Konstrukt hinführen sollte, all das verstärkt den überaus poetischen Charakter dieses Werkes, für das der Komponist sich von Henri Michaux inspirieren ließ. Zwei Jahre zuvor hatte Stéphane Bortoli in Sur le chemin ein Fragment aus Ein gewisser Plume in Musik umgesetzt.
Das Werk Dans la nuit ist eine Beschwörung: Man kann die unaussprechliche Mischung aus Trost, den die Nacht demjenigen spendet, der sich soeben in ihr eingerichtet hat, und eisigem Schrecken, den die pechschwarze Nacht bereitet, geradezu mit Händen greifen. Das acht Jahre später entstandene Psaume 22 scheint dort anzuknüpfen, wo Dans la nuit endete. Abermals durchzieht die Partitur eine einzige Gebärde: eine sanfte Wellenbewegung aus Wechseln zwischen Instrumentalgruppen – ruhigen oder energischen, je nachdem, ob der Komponist in seiner Wiederbegegnung mit dem heiligen Wort von den „frischen Graswiesen“ oder von der „grausigen Schlucht“ spricht; vereinzelte leichte Schläge auch, die dem Quintett Seele leise (1996) entlehnt sind.
Wenn Stéphane Bortoli sich eines Textes bemächtigt – mit sicherem Geschmack übrigens –, dann nur, um ihm Instrumentalgeschmeide anzulegen, das die Wortbedeutung niemals einengt (wie in Le Guetteur mélancolique), oder um deren schreckliche Schamhaftigkeit zu offenbaren, wie in Mein Traum auf einen Text von Schubert (ein in seiner Bewegungslosigkeit seltsames und zugleich „grausames“ Werk). (Freilich mutet Sur le chemin mit einer außergewöhnlichen Besetzung, die unter anderem vier Violen vorsieht, noch grausamer und vor allem gnadenloser an.)
Und dann ist da noch die Oper Les deux Lutins, die „Tag und Nacht einander gegenüberstellt“. Da gibt es dunkle, geheimnisvolle Wälder, die sich ausbreiten, weil die Musik das so verlangt; aber vor allem Lauterkeit, weil der Komponist auf natürliche Weise, also zwanglos, das „Weiß“ der Stimmen einführt. Es liegt nahe zu denken, dass Stéphane Bortoli sich an die Kindheit erinnert.


Dominique Druhen

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